Strukturelle Fehler im Berufsauftrag korrigieren

Die Zürcher Lehrpersonen leisten jedes Jahr im Schnitt 8 Wochen unbezahlte Überzeit. Das schadet der ganzen Schule und muss aufhören. Der ZLV fordert die Politik auf, den Berufsauftrag für die Volksschule so zu gestalten, dass die Lehrpersonen gesund bleiben und nicht ausbrennen.

100 Stunden sind zu wenig!

Darum Arbeitszeitpauschale für Klassenlehrpersonen korrigieren

Die Arbeitszeitpauschale für die Klassenlehrpersonen legt die Zahl der Stunden fest, die einer Klassenlehrperson an ihre Jahresarbeitszeit angerechnet werden. Diese Zeit braucht eine Klassenlehrperson über das Jahr verteilt für Elterngespräche und -kontakte, für die Organisation von Ausflügen, die Vorbereitung von Schulprojekten, die Vermittlung bei Konflikten und für viele andere Aufgaben. Die Regierung will die Arbeitszeitpauschale der Klassenlehrpersonen nur von 100 auf 120 Stunden pro Jahr erhöhen. Dieser Vorschlag ist inakzeptabel. Die Klassenlehrpersonen brauchen eine Pauschale von 250 Stunden.

58 Stunden für eine Jahreslektion reichen nicht!

Darum Lektionenfaktor korrigieren

Der Lektionenfaktor legt die Zahl der Stunden fest, die einer Lehrperson pro Lektion im Stundenplan an die Jahresarbeitszeit angerechnet werden. Unterrichtet sie zum Beispiel 20 Lektionen pro Woche, werden ihr mit dem heutigen Lektionenfaktor 20x58 Stunden angerechnet – also 1160 Stunden. Die Regierung will den Lektionenfaktor bei 58 Stunden belassen. Dieser Vorschlag ist inakzeptabel. Der Lektionenfaktor sollte auf 62 Stunden erhöht werden.

Strukturelle Fehler im Berufsauftrag korrigieren! Das braucht nachhaltige Massnahmen, welche die Attraktivität des Lehrberufs erhöhen, den Lehrpersonenmangel reduzieren und die Qualität der Volksschule sichern.

Wo das Problem beim Berufsauftrag liegt

Seit dem Schuljahr 2017/2018 gilt im Kanton Zürich für die Lehrpersonen der «neu definierte Berufsauftrag». Dieser legt die Brutto-Jahresarbeitszeit für ein Vollzeitpensum auf 2184 Stunden fest (netto 1890 Stunden) und gliedert die Lehrtätigkeit in verschiedene Tätigkeitsbereiche (z.B. Unterricht, Klassenlehrperson, Zusammenarbeit etc.). Zur Berechnung der Arbeitszeit für den Unterricht wurde ein Lektionenfaktor von 58 Stunden festgelegt – pro Lektion im Stundenplan werden der Lehrperson 58 Stunden Jahresarbeitszeit angerechnet. Für die Funktion als Klassenlehrperson werden 100 Stunden angerechnet. Diese Festlegungen erfolgten nicht aufgrund der pädagogischen Qualitätsansprüche oder des tatsächlichen zeitlichen Aufwands, sondern allein budgetorientiert – die Volksschule durfte nicht mehr kosten.

Wo das Problem hinführt: Zeitliche Überlastung und tiefe Pensen

Der strukturelle Fehler im Berufsauftrag führt zu einer viel zu hohen Arbeitsbelastung der Zürcher Lehrpersonen. Hochgerechnet auf ein Jahr fallen im Durchschnitt bei jeder Lehrerin und jedem Lehrer rund 8 Wochen unbezahlte Überzeit an (rund 340 Stunden Gratisarbeit bei einem Hundertprozentpensum). Als Reaktion reduzieren viele Lehrpersonen ihr Arbeitspensum. 2019 arbeiteten nur noch 20% der Lehrerinnen und Lehrer in einem Vollzeitpensum. Kindergartenlehrpersonen wurden im Berufsauftrag zudem zu strukturellen Teilzeitangestellten, da die sogenannten begleiteten Pausen nicht mehr im Pensum abgebildet sind.

Die Folge: Lehrpersonenmangel

Die tiefen Pensen vieler Lehrinnen und Lehrer sind eine der Ursachen des gravierenden Lehrpersonenmangels. Und das in einem schwierigen Moment: In den nächsten Jahren wird sich der Lehrpersonenmangel weiter verschärfen, weil viele Baby-Boomer pensioniert werden. Gleichzeitig prognostizieren die Statistiken für den Kanton Zürich bis gegen 2030 Rekorde bei den Schülerzahlen. Es ist von über 1000 zusätzlichen Klassen auszugehen.

Was es jetzt braucht

Um die gravierende Überzeitproblematik der Zürcher Lehrpersonen zu lösen und dem Lehrpersonenmangel entgegenzuwirken, braucht es nachhaltige strukturelle Massnahmen. Nur so lässt sich die Qualität der Zürcher Volksschule langfristig sichern. Der ZLV fordert deshalb im Rahmen der Überarbeitung des Berufsauftrags folgende Verbesserungen:

  • Höherer Lektionenfaktor für eine Jahreslektion: 62 Stunden pro Lektion (bisher 58)
  • Anrechnung Funktion Klassenlehrperson: 250 Stunden (bisher 100)
  • Kindergartenstufe: 100 Prozent Arbeit = 100 Prozent Lohn (Anrechnung der begleiteten Pausen)

 

Mehr Hintergrund zu den ZLV-Forderungen im Berufsauftrag

Praktische Tipps zum Berufsauftrag für Lehrpersonen

Gesamte Arbeitszeit erfassen

Mit der Einführung des neuen Berufsauftrages muss die Arbeitszeit in den Bereichen Schule, Zusammenarbeit und Weiterbildung erfasst werden. Bei einer Klassenlehrperson betrifft dies nur knapp 11 Prozent der zu leistenden Jahresarbeitszeit. Da sich einzelne Arbeitsgebiete auch überlappen und der grosse Posten von Vor- und Nachbereitung bis jetzt nicht zum Zuge kam, empfiehlt der ZLV dringend, die gesamte Arbeitszeit (inklusive Unterricht und Klassenlehrperson) zu erfassen. Falls einmal eine Arbeit am falschen Ort eingetragen wird, hat dies keine Auswirkungen auf die Gesamtarbeitszeit.

Unten stellt der ZLV ein Arbeitszeiterfassungstool zur freien Verfügung. In diesem Tool ist auch eine Hilfstabelle mit den Tätigkeiten eingebaut.

Wichtig: Falls du deine Arbeitszeit nicht aufschreibst, ist dies ein Nachteil für dich, da du in den Verhandlungen mit der Schulleitung keine Daten hast!

Excel-Tool für die Arbeitszeiterfassung

Weitere Infos zum Berufsauftrag

Der ZLV und seine Sektionen und Mitgliederorganisationen bieten verschiedene Merkblätter und Informationen dazu an. Hier eine Übersicht:

  • Merkblatt Berufsauftrag - Erfolgreiches Verhandeln mit der Schulleitung
  • Merkblatt neuer Berufsauftrag SHP
  • Merkblatt neuer Berufsauftrag Kindergartenstufe

Merkblätter sind eine Dienstleistung des ZLV für seine Mitglieder. Einzelne Merkblätter sind hier zum Download verfügbar, das gesamte Angebot kann beim Sekretariat bezogen werden.