Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband
Ohmstrasse 14
Postfach 7147
8050 Zürich
Telefon 044 317 20 50
sekretariat@zlv.ch
www.zlv.ch
24.05.2018 Fokus Starke Lernbeziehungen: Neuer Ansatz funktioniert nicht – Bildungsdirektion muss Konsequenzen ziehen
Medienmitteilung ZLV -
Das kantonale Volksschulamt (VSA) hat heute Donnerstag die Evaluationsresultate des Schulversuchs Fokus Starke Lernbeziehungen veröffentlicht. Der ZLV gewichtet die Resultate anders als die Bildungsdirektion. Zentral dabei: Schülerinnen und Schüler beurteilen die Entwicklung der Lernbeziehungen mit den Lehrpersonen während des Versuchs negativ. Hinzu kommen nachlassende Resultate von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache. Der ZLV steht deshalb einer Weiterführung von Fokus Starke Lernbeziehungen in der heutigen Form ablehnend gegenüber und fordert eine fundamentale Anpassung des Versuchs.
Im noch bis August 2022 laufenden Schulversuch Fokus Starke Lernbeziehungen unterrichten pro Regelklasse nur noch zwei Lehrpersonen. Sie werden von Beratungspersonen wie Heilpädagoginnen und Expertinnen für Deutsch als Zweitsprache unterstützt. Die Bildungsdirektion verspricht sich vom 2013 gestarteten Versuch eine bessere Beziehung zwischen Lernpersonen sowie Schülerinnen und Schülern und in der Folge auch bessere Resultate.
Das VSA fokussiert in der Medienmitteilung zu den Evaluationsresultaten auf durchaus vorhandene positive Resultate wie zum Beispiel die Einschätzungen der teilnehmenden Lehrpersonen. Diese erkannten mehrheitlich bessere Lernbeziehungen. Aus Sicht des ZLV werden die negativen Erkenntnisse aus der Evaluationsstudie des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich in der Mitteilung jedoch zu wenig gewichtet.
Für den ZLV sind für die Beurteilung des Schulversuchs Fokus Starke Lernbeziehungen insbesondere folgende Punkte von Bedeutung:
- Die Schülerinnen und Schüler in am Schulversuch teilnehmenden Klassen beurteilten ihre Beziehung zu den Lehrpersonen negativer als in nicht teilnehmenden Klassen.
- Kinder mit Unterstützung in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) machten in teilnehmenden Klassen klar weniger Fortschritte und begingen mehr Fehler als solche in nicht teilnehmenden Klassen. Gerade auch für solche Kinder versprach man sich aber vom Schulversuch eine Verbesserung der Situation.
- Die Klassenlehrpersonen der teilnehmenden Klassen machten von der Beratung durch DaZ-Lehrpersonen nur sehr zurückhaltend Gebrauch.
- Es zeigte sich auch, dass die heutige Primarschulausbildung an der Pädagogischen Hochschule mit nur sieben Fächern mit einem Schulbetrieb gemäss Fokus Starke Lernbeziehungen schwieriger zu vereinen ist. Lehrpersonen sind faktisch gezwungen, noch weitere Module zu erwerben.
- Lehrpersonen müssten auch über eine Ausbildung in Heilpädagogik und Deutsch als Zweitsprache verfügen. Die Beratungsmöglichkeit wird zu wenig wahrgenommen und genügt nicht, wie die sich verschlechternden Resultate der DaZ-Schülerinnen und -Schüler zeigen. Dies würde die Ausbildungsdauer für Lehrpersonen verlängern.
- Für eine flächendeckende Einführung des Schulversuchs müssten deshalb alle Lehrpersonen faktisch über einen Masterabschluss verfügen.
Aus diesen Gründen lehnt der ZLV die Überführung des Schulversuchs Fokus Starke Lernbeziehungen mit der aktuellen Ausrichtung in eine flächendeckende permanente Regelung ab. Der Lehrpersonenverband empfiehlt der Bildungsdirektion und dem Bildungsrat, den Schulversuch für den Rest von dessen Laufdauer fundamental anzupassen.