Studie zeigt: Berufszufriedenheit von Zürcher Lehrpersonen nur knapp genügend

Zum fünften Mal führte der LCH, Dachverband der Lehrerinnen und Lehrerinnen, eine ausführliche Befragung zur Berufszufriedenheit von Lehrpersonen durch. Die Ergebnisse: Die Gesamtzufriedenheit mit dem Beruf hat sich seit 2014 nicht verbessert und liegt bei einer knapp genügenden 4+.

Hohe Beteilung schweizweit und im Kanton Zürich

Seit 1990 lässt der LCH die Berufszufriedenheit in der Deutschschweiz erheben, zuletzt gab es im Jahr 2014 Ergebnisse. Die diesjährige Studie wurde zum ersten Mal auch in der Romandie und im Tessin durchgeführt. Insgesamt nahmen daran 16'500 Personen aus der Deutschschweiz teil; davon 14’873 Lehrpersonen, 1’124 schulische Heilpädagog:innen (SHP), 243 Schulleitungen und 72 Therapeut:innen. Das entspricht 18% aller Lehrpersonen in der Deutschschweiz, weshalb die Daten laut Studienleiterin Martina Brägger in einem höchsten Mass repräsentativ sind. Auch für den Kanton Zürich sind die Ergebnisse repräsentativ; insgesamt haben sich 1'893 Personen an der Befragung beteiligt.

Generelle Zufriedenheit stagniert auf bescheidenem Niveau

Zum ersten Mal wurden die Daten für Lehrpersonen und schulische Heilpädagog:innen separat ausgewertet. Positiv zu deuten ist, dass die Ergebnisse zur Berufszufriedenheit zwischen den zwei Berufsgruppen sehr ähnlich ausgefallen sind – laut den Studienautoren zeigt dies, dass «alle im gleichen Boot sitzen». Und dieses Boot steuere durch unruhige Gewässer: Die Gesamtbewertung der Zufriedenheit wird lediglich mit einer 4,2 auf einer Skala von 1 bis 6 bewertet. Die Lehrpersonen geben ihrer Zufriedenheit also nur eine knapp genügende Note. Der Wert ist hier deckungsgleich zwischen der Deutschschweiz und dem Kanton Zürich – einzig in der Romandie fällt der Wert mit 3,9 noch tiefer aus.

Dagmar Rösler spricht von Warnsignalen

Laut Dagmar Rösler sind Lehrpersonen zwar glücklich im Beruf, es gebe aber Warnsignale. Das zeigt sich auch in unserem Kanton. Relativ zufrieden sind Zürcher Lehrpersonen mit ihren Kolleg:innen (4,7), der Schulleitung (4,6) und mit der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen respektive dem Unterrichten (4,6). Auch das Zusammenspiel mit den Erziehungsberechtigten (4,5) scheint weniger ein Problem zu sein, als häufig in den Medien vermittelt wird. Deutlich unzufrieden sind Zürcher Pädagog:innen jedoch mit dem Ansehen ihres Berufs in der Öffentlichkeit, der integrativen Förderung und der Work-Life-Balance. Hier liegen die Werte mit 3,6 und zweimal 3,5 klar im ungenügenden Bereich.

Ursachen für die fehlende Zufriedenheit

Zurückzuführen ist das laut den Studienautoren auf eine hohe Grundbelastung im Beruf, auf fehlende Ressourcen für die individuelle und integrative Förderung sowie den Lehr- und Fachkräftemangel. Zwar lässt die Studie keinen Rückschluss auf den Einsatz von Lehrpersonen ohne Diplom zu – der Lehrpersonenmangel führe jedoch generell dazu, dass Lehrpersonen sich verpflichtet fühlen, ihr Pensum zu halten oder gar noch zu erhöhen. Bei anhaltend hohem Arbeitsdruck stehen die Lehrpersonen dann vor der Wahl, an ihre individuellen Belastungsgrenzen zu gehen und ein Burnout in Kauf zu nehmen oder aber ihre qualitativen Ansprüche an die Ausführung ihres Berufs zu senken. Beide Varianten können auf Dauer keine Lösung sein. Die Folgen davon betreffen nicht nur die Lehrpersonen, sondern auch direkt die Kinder und Jugendlichen.

Belastung hat seit 2014 zugenommen

Diese hohe Grundbelastung ist seit der letzten Umfrage aus dem Jahr 2014 sogar leicht gestiegen: Die mangelnden Rahmenbedingungen für die individuelle Förderung, der hohe Koordinationsaufwand, der Anteil administrativer Arbeiten, der allgemeine Arbeitsdruck und die Mühe, abschalten zu können, belasten die Lehrpersonen heute mehr als vor zehn Jahren. Die durchschnittliche Zufriedenheit mit dem Beruf hat sich hingegen seit 2014 nicht verändert – weil die Belastung eher zugenommen und die Zufriedenheit mit dem Lohn und der Lohnentwicklung sich leicht verbessert hat, bleibt der Wert bei 4,2. Ein Wert, der deutlich Luft nach oben hat. Und zeigt, dass sich die Arbeitsbedingungen für Lehrpersonen dringend ändern müssen – zum Beispiel mit einer Erhöhung der Jahresarbeitsstunden für eine Unterrichtslektion (Lektionenfaktor), einer höheren zeitlichen Entlastung für die Klassenleitungsfunktion sowie deutlich mehr Ressourcen für die integrative Förderung.

Datum

12.08.2024