Der Lektionenfaktor definiert, wie viele Stunden einer Lehrperson pro Wochenlektion an die jährliche Gesamtarbeitszeit angerechnet werden. Ein Beispiel: erteilt eine Lehrperson 20 Lektionen pro Woche, erhält sie dafür mit dem heutigen Lektionenfaktor von 58 Stunden eine Gutschrift von 1156 Stunden auf ihre jährliche Gesamtarbeitszeit. Mit dem im überwiesenen Postulat geforderten Lektionenfaktor von 62 Stunden wären es neu 1240 Stunden. Im Endeffekt erhält die Lehrperson auf diese Weise mehr Zeit für das Kerngeschäft des Unterrichts.
Mit einem überwiesenen Postulat ist die Regierung nur aufgefordert, innerhalb von zwei Jahren einen Bericht zu erstellen. Es entfaltet also keine sofortige Wirkung. Der vorliegende Fall ist jedoch etwas anders gelagert. Denn der Kantonsrat wird schon bald über den Antrag der Regierung zum Berufsauftrag der Lehrpersonen entscheiden. In diesem geht es neben weiteren Punkten auch um den Lektionenfaktor. Die Regierung will diesen aus Kostengründen bei 58 Stunden belassen – und schlägt auch bei den anderen Punkten kaum Verbesserungen vor. Sie riskiert damit die Qualität der Volksschule: der 2017 eingeführte Berufsauftrag hat strukturelle Fehler. Er führt dazu, dass die Lehrpersonen der Zürcher Volksschule regelmässig Überzeit leisten. Wer ein volles Pensum leisten will und die Schülerinnen und Schüler so betreuen will, wie sie es verdienen, bezahlt dies mit bis zu 8 Wochen unbezahlter Arbeit. Viele Lehrpersonen haben deshalb ihre Pensen reduziert – einer der Gründe für den gravierenden Lehrpersonenmangel.
Vor diesem Hintergrund ist das Ja des Parlaments zum Postulat Lektionenfaktor ein starkes Signal dafür, dass die Kantonsrätinnen und -räte die Anliegen der Lehrpersonen ernster nehmen als die Regierung. Der ZLV dankt den Initiantinnen und Initianten des Vorstosses und allen Parlamentsmitgliedern, die es unterstützt haben. Er fordert alle Beteiligten auf, sich für die Qualität der Volksschule sowie das Wohl der Schülerinnen und Schüler auszusprechen und den untauglichen Vorschlag der Regierung zum Berufsauftrag zu korrigieren.