Notstand Lehrpersonenmangel: Wann geht die Regierung das Problem endlich bei den Wurzeln an?

In einer Medienmitteilung von heute Dienstag hat die Zürcher Bildungsdirektion für ein weiteres Jahr den offiziellen Lehrpersonenmangel erklärt. Das war absehbar, weil der Kanton das Problem weiterhin nicht bei den Wurzeln angeht. Hauptursache für den Lehrpersonenmangel ist neben dem Schülerzuwachs die zeitliche Überlastung der Lehrpersonen. Diese muss die Regierung endlich angehen. Weiter fordert der ZLV, dass die Einführungswochen und Gruppen-Coachings für Lehrpersonen ohne Lehrdiplom obligatorisch erklärt werden.

  • 14. März 2022: 789 offene Stellen für Lehrpersonen (inkl. Heilpädagog/-innen)
  • 13. März 2023: 739 offene Stellen für Lehrpersonen (inkl. Heilpädagog/-innen)
  • Und dies, obwohl die Zürcher Gemeinden für das Schuljahr 2022/2023 über 500 Lehrpersonen ohne Lehrdiplom einstellten, nachdem die Bildungsdirektion offiziell den Notstand Lehrpersonenmangel ausgerufen hatte.
  • Von diesen 500 Lehrpersonen ohne Lehrdiplom werden nur rund 70 eine Teilzeitausbildung zur Lehrperson in Angriff nehmen – ein enttäuschend kleiner Anteil.

Deutlicher als mit diesen Zahlen lässt sich die aktuelle Misere in der Zürcher Bildungspolitik nicht beschreiben. Immerhin handelt die Bildungsdirektion folgerichtig, wenn sie nun für ein zweites Jahr offiziell einen Lehrpersonenmangel feststellt und die Gemeinden damit frühzeitig ermächtigt, für ein weiteres Jahr Lehrpersonen ohne Lehrdiplom anzustellen.

 

Pflästerlipolitik darf nicht Dauerzustand werden

Die Bildungsdirektion rechnet in ihrer Medienmitteilung mittelfristig mit einer «leichten Entspannung» der Situation. Aus Sicht des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands ZLV ist diese beschwichtigende und verharmlosende Aussage ohne Massnahmen an den Wurzeln des Problems unrealistisch. «Die Hauptursachen des Lehrpersonenmangels im Kanton Zürich sind die permanente zeitliche Überlastung und das Schülerwachstum», sagt Christian Hugi, Präsident des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands ZLV. Zürich hat schon heute landesweit die grössten Klassen und Zürcher Lehrpersonen leisten im Schnitt rund 8 Wochen Überzeit. Viele reduzieren ihre Pensen, um nicht auszubrennen. Der ZLV fordert deshalb den Regierungsrat dazu auf, sofort mit konkreten Massnahmen gegen die Überlastungssituation vorzugehen. Die Ansatzpunkte im Bildungsauftrag sind bekannt: Höhere Zeitanrechnungen für die wichtige Funktion als Klassenlehrperson und für eine Jahreslektion sowie Anrechnung der begleiteten Pausen auf der Kindergartenstufe (Details der ZLV-Forderungen). Diese Massnahmen würden auch dazu beitragen, den Lehrberuf insgesamt attraktiver zu machen, was angesichts der weiterhin steigenden Schülerzahlen und im Wettbewerb um die besten Fachkräfte entscheidend ist.

Gemäss Lehrpersonalgesetz dürfen Personen ohne Lehrdiplom, die bereits im Schuljahr 2022/2023 unterrichteten, im Schuljahr 2023/2024 nicht mehr in der bisherigen Gemeinde angestellt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass keine Schülerinnen und Schüler länger als ein Jahr von einer Lehrperson ohne Lehrdiplom unterrichtet werden. Der ZLV unterstützt dies und fordert Personen ohne Lehrdiplom, die im Beruf verbleiben möchten, dazu auf, die Lehrpersonenausbildung an der PHZH mit erleichterten Zulassungsbedingungen zu absolvieren. In diesem Zusammenhang muss die Bildungsdirektion auch der Gefahr begegnen, dass Lehrpersonen ohne Lehrdiplom in den kommenden Jahren von Gemeinde zu Gemeinde tingeln, was der Qualität der Volksschule nicht zuträglich wäre.

 

Einführungswochen und Coachings obligatorisch erklären

Grundsätzlich positiv beurteilt der ZLV, dass die PH Zürich auch im Schuljahr 2023/2024 unentgeltliche Einführungswochen für Lehrpersonen ohne Lehrdiplom durchführen wird. Auch die Gruppen-Coachings während des Schuljahrs sind wichtige Stützen. Es genügt jedoch nicht, wenn der Kanton die Gemeinden darüber informiert, dass diese Angebote bestehen. Der ZLV wird sich dafür einsetzen, dass sie obligatorisch erklärt werden. Dies würde die diplomierten Lehrpersonen wirkungsvoll entlasten, die erfahrungsgemäss den Hauptteil der Betreuungsarbeit für ihre undiplomierten Kolleginnen und Kollegen leisten. «Wir brauchen rasche Entlastungsmassnahmen in verschiedenen Bereichen – nur dies wird den Lehrpersonenmangel effektiv bekämpfen», sagt Christian Hugi, «das mittelfristige Prinzip Hoffnung der Bildungsdirektion reicht nicht».

Kontakt für die Medien:

Christian Hugi, Präsident ZLV: 076 580 70 97, christian.huginoSpam@zlv.noSpamch

Zusätzliche Informationen:

https://www.zlv.ch/politik/berufsauftrag-1

Datum

14.03.2023